Tempest starten zögerlich, aber erfolgreich in die WM
Neues Bild im Olympiazentrum von Schilksee. Die Jugendsegler haben nach dem Abschluss der Gemeinsamen Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften das deutsche Segel-Mekka verlassen, nun kommen die legendären Klassen zum Revival der Olympischen Spiele von 1972. Vier der ehemals sechs Olympiaklassen kehren zurück an die historische Segelstätte – mit großen Titelkämpfen und klangvollen Namen. Den Regattareigen eröffneten die Tempest mit ihrer Weltmeisterschaft (17. bis 21. August), ab Donnerstag steigen die Drachen (18. bis 20. August) ein, und den Abschluss bilden die Flying Dutchman mit ihrer Internationalen Deutschen Meisterschaft sowie die Starboote (19. bis 21. August).
Der Wind erwies sich zum Auftakt der Revival-Regatten als Bremsklotz. Nur vereinzelt zogen die segelbaren Windstriche die Außenförde entlang. Die erhoffte Thermik konnte sich durch eine hochgelegene Wolkendecke, die sich vor die Sonne geschoben hatte, nicht flächendeckend durchsetzen. So warteten die 35 Tempest-Crews lange auf das Signal zum Auslaufen. Der Oberste Wettfahrtleiter Fabian Bach nahm es gelassen: „Es gibt keinen Grund, um unruhig zu werden. Wir haben in den kommenden Tagen noch genug Zeit, um Wettfahrten nachzuholen.“ Dennoch checkte er beharrlich die Bedingungen auf der Bahn und entschied dann um 15 Uhr, dass die einen Versuch wert seien. Trotz nachlassender Brise gelang eine Wettfahrt, in der die Bahnlänge auf den Wind angepasst wurde.
Genauestens von Land aus beobachtet wurde das Geschehen auf der Förde von Rolf Bähr. Der ehemalige DSV-Präsident sah sein Boot mit großem Vorsprung an der Spitze. Besetzt mit seinen Neffen Lars und Leif Bähr zog die „GER 1128“ unaufhaltsam dem Sieg entgegen. „Wir sind mittig gestartet, hatten dann das Feld in Lee unter Kontrolle und sind als Zweiter an der ersten Tonne angekommen“, berichtete Lars Bähr nach der Rückkehr in den Hafen. Eine frühe Halse auf dem ersten Vormwindkurs brachte das Brüder-Duo in Front, von da an bauten die Berliner den Vorsprung kontinuierlich aus. „Es war nicht unser Lieblingswind, daher sind wir froh, dass wir es so gut ins Ziel gebracht haben, und vor allem, dass die Wettfahrtleitung es durchgezogen hat. Die haben wirklich einen guten Job gemacht.“ Angesprochen auf die Titelchancen für die WM nach diesem überzeugenden Auftakt, sagte Bähr: „Unser Onkel möchte es, wir wollen es. Wir sind heiß darauf, uns mit den anderen zu messen. Es ist unsere erste WM, aber wir haben zweimal die German Open gewonnen.“
Als harte Konkurrenz haben sie die junge Mannschaft Tobias Spranger/Felix Meggendorfer (Seebrucker RV) im Blick. Die großen Brüder der 49er-Spitzenmannschaft Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger hatten das Practice Race gewonnen und mischten als Fünfte auch in der ersten Wettfahrt vorn mit. Während Tobias Spranger als Sohn vom ehemaligen Tempest-Weltmeister Christian Spranger schon Erfahrung in der Ex-Olympiaklasse hat, ist es für Felix Meggendorfer in der Tempest erst die zweite Regatta. „Aber wir kennen uns schon lange – seit Opti-Zeiten, segeln auch zusammen 49er“, so Steuermann Spranger. Mit dem Ergebnis der ersten Wettfahrt waren sie leidlich zufrieden. Meggendorfer: „Zwischenzeitlich waren wir Zweite, die zweite Kreuz lief nicht gut. Aber insgesamt ist es in Ordnung. Wir peilen einen Top-Ten-Platz an.“
Dafür sieht es gut aus – auch wenn sie im Club-Ranking „nur“ auf Platz drei liegen. Denn hinter den führenden Bähr-Brüdern reihen sich Hannes Brochier/Peter Kern sowie Christian Spranger/Christopher Kopp (alle Seebrucker RV) auf den Plätzen zwei und drei ein. Vierter sind die Schweizer Mario Suter/Andreas Hochuli
Die Drachen-Crews mussten sich von dem ersten Regatta-Trubel nicht aufschrecken lassen. Sie waren nach ihrer Anreise noch mit dem Stellen der Masten und dem Aufbau ihrer Kielboote beschäftigt. Nach und nach ließen sie die Drachen ins Wasser kranen. Zwei Monate nach der Weltmeisterschaft vor Kühlungsborn wird Ingo Ehrlicher (Bayerischer YC) vor Kiel die Favoritenrolle schultern müssen. In Abwesenheit der internationalen Crews war er zur WM als Vierter bester Deutscher und bietet damit zum Revival die beste Vornote des Drachen-Feldes auf. Doch in der Rechnung sind für ihn und seine Crew, Michael Lipp und Anton Ehrlicher, viele Unbekannte. Denn einige neue Team-Zusammensetzungen nutzen die Gelegenheit, um das 50-jährige Jubiläum der Olympischen Spiele zu feiern.
Thomas Müller, der 2002 und 2012 mit dem Sieg im Gold Cup zweimal die wichtigste Trophäe der Drachen gewann, geht auf seinem Heimatrevier mit einer Familiencrew (Marc und Robin Müller) an den Start. Heinz Laprell vom Tegernsee segelte 1972 im Tempest bei Olympia, ist inzwischen zum Kieler geworden und nutzt den Ausfall eines Drachen-Kollegen, um spontan an Bord von Philipp Gromann und Bernd Hassenjürgen die Pinne zu übernehmen.
Zu den Crews mit großen Erfahrungen in den ehemals olympischen Klassen gesellen sich auch Mannschaften mit Hochsee-Erfahrung. Christopher Opielok hat mit seinen „Rockall“-Yachten an den 600-Seemeilen-Klassikern Sydney-Hobart, Fastnet Race und Middle Sea Race teilgenommen. Jetzt bringt der Hamburger den Drachen „Moana“ an den Start und hat dafür Jan Welken sowie Segel- und Bootsbauer-Legende Kalle Dehler an Bord genommen. Hochsee-Konkurrenz kommt aus dem eigenen Verein (NRV). Claus Löwe, Tim Müller und Albert Schweizer, Oberster Wettfahrtleiter der Nordseewoche, sind Atlantik-erfahren, mischten vor wenigen Jahren die deutsche Seesegel-Szene mit den „Leu“ auf und bilden nun ein Drachen-Trio.
Viele Blicke werden auch Max Augustin/Bertil Balser/Magnus Simon auf sich ziehen. Steuermann Augustin hat in den vergangenen Jahren seine Klasse in den schnellen Melges-Booten bewiesen, Balser ist als Segelmacher und Trimm-Spezialist eine erste Adresse, um Boote schnell zu machen, und Simon führte den Verein One Kiel in Rekordzeit zum Titel in der Segelbundesliga.
Doch die Drachen-Regatta ist nicht nur ein Stelldichein der Profis und Trophäenjäger, vielmehr wird hier die Verlinkung der olympischen Klassen und des Nachwuchses deutlich. So finden sich Namen aus der Gemeinsamen Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaft nun auch in dieser Meldeliste. Arnt Bruhns (Hamburg), mit der großen „Iskareen“ (Class 40) schon auf Atlantik-Rennen erfolgreich, sah in der vergangenen Woche seine Kinder Jan und Theda mit den Optis „Iskareen XIII“ und „Iskareen XS“ zur GIDJM segeln, und geht nun mit dem Drachen „Iskareen“ und seiner Ehefrau Sandra Valeska Bruhns an den Start. Und auch Peter Feussner (Bayerischer YC) nutzte den Opti-Start seiner Töchter Catalina und Cosima, um nun auch selbst auf dem Olympiarevier von 1972 segeln zu können.
Text: Hermann Hell / Ralf Abratis
Der Regatta-Plan
50 Jahre Olympia vor Kiel-Schilksee:
Klassen: Drachen (Ranglisten-Regatta/ 8 Wettfahrten), Flying Dutchman (IDM/ 7 Wettfahrten), Star (North European Championship/ 6 Wettfahrten), Tempest (WM/ 9 Wettfahrten).
- Mittwoch, 17. August: Vermessung: Star; Wettfahrten: Tempest – 11:00 Uhr erster Start
- Donnerstag, 18. August: Wettfahrten: Tempest, Drachen
- Freitag, 19. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen, Flying Dutchman; 18:00 Uhr: Eröffnungsfeier
- Samstag, 20. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen, Flying Dutchman
- Sonntag, 21. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen, Flying Dutchman – danach: Siegerehrungen