Markus Wieser tritt zum Hattrick an
Nach der Jugend folgen die Routiniers: Top-Besetzung bei der Tempest-WM vor Kiel – Finn-EM abgesagt
Elf Tage hochkarätiger Segelsport vor Kiel im August, knapp zwei Monate nach der Kieler Woche: Den Auftakt machen die Nachwuchsklassen des Deutschen Segler-Verbandes bei den Gemeinsamen Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften (GIDJM / 10. bis 16. August), danach treten vom 17. bis 21. August die Aktiven in vier 1972 olympischen Klassen zum Revival „50 Jahre Olympische Spiele in Kiel“ an. Die Soling-Klasse (nur sechs Meldungen) wurde frühzeitig abgesagt, nun fiel auch die Finn-EM nach Absprache mit der internationalen Klassenvereinigung einer zu geringen Meldezahl zum Opfer. In den Klassen Drachen, Flying Dutchman, Star und Tempest geht es um Siege und zusätzliche Titel. So segeln die Drachen um Ranglisten-Punkte, die Flying Dutchman um die Internationale Deutsche Meisterschaft und die Stare um die North und die 10. District Championship.
Den hochkarätigsten Titel gibt es in der Tempest zu gewinnen. In dem Zweihandboot wird um die Weltmeisterschaft gesegelt. Ein absoluter Fan der Tempest ist Markus Wieser. Der vierfache Familienvater aus Bayern schwärmt von dem sportlichen Zweimannboot mit Kiel, Trapez und Spinnacker. „Die Tempest erinnert mich an den FD, aber ist eben auch für nicht ganz junge Segler sehr gut zu handhaben. Ich werde ja schließlich auch bald 60“, so der zigfache Europa- und Weltmeister in sehr unterschiedlichen Klassen.
Der amtierende Weltmeister in der Tempest zählt wohl zu den vielseitigsten Seglern Deutschlands, und er ist bekannt für ehrliche Worte mit Humor ausgesprochen. „Die Drachensegler sollten mal in die Tempest steigen, dann wissen sie, was sportlich ist. Man kann vieles trimmen, verstellen und extrem sportlich segeln“, so Wieser, der seit Jahrzehnten mit Vorschoter Thomas Auracher zusammen im Boot sitzt. Auracher war es auch, der „schuld“ daran ist, dass Wieser 2019 eine eigene Tempest gekauft hat. „Wir wollten bei der WM auf dem Tegernsee eine Tempest chartern, aber das boot war hell orangerot. So etwas segele ich nicht“, erklärt Wieser. Auracher ging zum Bootsbauer Mader und gab eine Tempest in Auftrag. Mit der holten die beiden den Tempest-WM-Titel 2019, der 2021 auf dem Gardasee verteidigt wurde. Nun soll in Kiel der Hattrick gelingen. „Kiel war immer schön. Ich freue mich auf Schilksee. Ich glaube, ich war sechs Jahre nicht mehr in Kiel“, so Wieser (Verein Seglerhaus am Wannsee und Bayerischer YC), der zur Zeit der Kieler Woche im Juni bei der 6mR-Worlds in Galizien/Spanien segelte. An Bord der „Momo“ des Schweizers Dieter Schoen holte das Trio Schoen/Wieser/Auracher in der Offenen Klasse den nächsten WM-Titel. Insgesamt gingen 40 der 6er an den Start.
Auch wenn die Tempest ein Boot ist, in dem auch 60-Jährige sportlich segeln können, wäre es Wiesers Wunsch, mehr junge Leute in die ehemalige olympische Klasse zu locken, erklärt der amtierende Weltmeister in drei Klassen. Die Fachkompetenz, über ein Boot zu urteilen, dürfte kaum strittig sein, denn Wiesers Expertise fußt auf einem reichlichen Erfahrungsschatz.
Vaurien, Tempest, FD (mit olympischen Kampagnen, WM-Zweiter 1989), Asso 99 mit drei EM-Titeln (1991,1992, 1994), Seesegeln beim Admirals-Cup mit der I-Punkt 1997 (2. Platz), mehrfacher Match Race Meister, Meister der Meister, zweimaliger Vize-Weltmeister 2011 und 2015 in der TP52, Weltmeistertitel im 5.5m (2014) und Vizeweltmeister und Europameister im Drachen (2012), Europameister im Soling 1994, zweifacher Weltmeister in der Swan 50 und nicht zuletzt die zahlreichen Kieler-Woche-Erfolge im Drachen (1. Platz 2007, 2008, 2009) und davor im FD 1991 und 1992 sprechen für sich.
Bei der Tempest-WM (15. bis 21. August) im Rahmen des Revivals 50 Jahre Olympische Segelwettkämpfe in Kiel gibt es nun ein Wiedersehen in Schilksee. Dabei tritt das ganze Podium der WM 2021 an. Neben dem Weltmeistern Wieser/Auracher haben die WM-Zweitplatzierten Christian Spranger/Christopher Koop (Seebrucker Regatta Verein) und die WM-Dritten Kicker Schäfer/Gusti Trimpl (Bayerischer Yacht-Club/Seebrucker Regatta Verein) gemeldet. Sie treffen auf die internationale Konkurrenz aus sechs Nationen.
Jubiläums-Ausstellung im DSV
In einer Jubiläums-Ausstellung mit vielen Original-Exponaten können Sportfans die besten Momente der letzten 50 Jahre Olympia-Segelgeschichte erleben. Die Olympia-Ausstellung in der DSV-Lounge in Schilksee ist vom 17. bis zum 21. August, am 27. und 28. August sowie am 3. und 4. September täglich zwischen 10 und 17 Uhr für Gäste geöffnet, der Eintritt ist kostenlos.
Dazu findet am Donnerstag, den 18. August, der erste DSV-Clubabend in Schilksee statt. Olympia-Segelstars von gestern, heute und morgen sprechen über ihre Erinnerungen, ihre Ziele und Träume. Unter anderem ist Ulli Libor zu Gast, der 1972 gemeinsam mit Vorschoter Peter Naumann im Flying Dutchman die Bronzemedaille gewann. Anmeldungen für den DSV-Clubabend ist unter presse@dsv.org gewünscht.
Kulturelle Höhepunkte
Zu den kulturellen Höhepunkten der Kieler Jubiläumsfeier „50 Jahre Olympische Segelwettbewerbe in Kiel“ gehören die Übertragung der Sommeroper Carmen auf den Freitreppen in Schilksee, der „Poetry Slam goes Olympia“ mit Björn Högsdal, ein Umzug Kieler Sportvereine, ein Live-Hörspiel von DeichArt und die Premiere des „KIELympia“-Filmes. Bei einem Stadtteilfest wird in Schilksee gemeinsam gefeiert und auch der Tag des Sports findet während der Jubiläumsfeierlichkeiten statt.
Olympia Rallye startet in Kiel
Es war 1972, als eine der größten Rallye-Veranstaltungen Deutschlands stattfand, bei der von Kiel bis München 3.400 Kilometer mit nur einer Übernachtung gefahren wurden. Die besten Rallye-Sportler Europas trafen dabei zusammen und einer der größten Rallyefahrer begann seine Karriere: Walter Röhrl.
50 Jahre später werden in Kiel Erinnerungen wach: Am Sonnabend, 6. August, können von 14 bis 17 Uhr rund 50 Fahrzeuge bei einer Kalibrierungsfahrt im Olympiazentrum Schilksee bestaunt werden, bevor am Sonntag, 7. August, 10 bis 17 Uhr, die technische Abnahme der Fahrzeuge auf dem Wilhelmplatz erfolgt. Am Montag, 8. August, startet die Rallye zwischen 8 und 10.30 Uhr auf dem Wilhelmplatz. Zehn Rallye-Teilnehmer von 1972 sind beim Revival 2022 wieder als Teilnehmer*innen dabei. Walter Röhrl wird mit gleich vier seiner Rallye-Autos die Rallye mitfahren – die Fahrzeuge, mit denen er vier Mal die Rallye Monte Carlo gewann und zwei Mal Weltmeister geworden ist. mehr…
Auch Norbert Wagner am Start
Unter den Rallye-Fahrern ist auch ein Olympiateilnehmer von 1972: Norbert Wagner. Der heute 86-Jährige startet am 8. August unter der Startnummer 215 in der dritten Gruppe mit seinem Co-Piloten Peter Sauer in seinem Jaguar (Baujahr 1965). „Es war mein größter Triumph, dass ich 1972 im Soling bei den Spielen für Deutschland starten durfte“, so Wagner, der in Kiel geboren wurde und heute in Bayern lebt. Zusammen mit Hans-Joachim Berndt und Friedrich May startete er in der Soling und belegte Platz elf bei 26 Startern. Vor Kiel tauscht er in diesem Jahr den Kiel gegen vier Reifen.
Die Rallye führt über sechs Etappen und insgesamt 2252 Kilometer durch ganz Deutschland und endet am 13. August in München. An den Start gehen 197 Teams aus acht Ländern.
Text: Hermann Hell
Der Regatta-Plan:
GIDJM
Klassen: Optimist, ILCA 4, ILCA 6, Europe, Teeny, 29er, 420er, Pirat, Open Windfoil Youth.
Mittwoch, 10. August, und Donnerstag, 11. August: Vermessung.
Freitag, 12. August, bis Dienstag, 16. August: Wettfahrten
50 Jahre Olympia vor Kiel-Schilksee:
Klassen: Drachen (Ranglisten-Regatta), Flying Dutchman (IDM), Star (North European Championship), Tempest (WM).
Montag, 15. August: Vermessung: Tempest
Dienstag, 16. August: Practice Race: Tempest
Mittwoch, 17. August: Vermessung: Star; Wettfahrten: Tempest
Donnerstag, 18. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen
Freitag, 19. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen, Flying Dutchman
Samstag, 20. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen, Flying Dutchman
Sonntag, 21. August: Wettfahrten: Tempest, Star, Drachen, Flying Dutchman – danach: Siegerehrungen